Interview / Zürich, 24. September 2025

Smarte Investments

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Marie Seiler, CEO der Pensimo Management AG, spricht über die aktuellen Herausforderungen des Immobilienmarkts, die Bedeutung von Entwicklungsarealen sowie die Chancen von Betreiberimmobilien. Sie erklärt, warum Pensimo langfristig investiert, auf stabile Mieterstrukturen setzt und neue Konzepte wie Flex-Office oder Alterswohnen vorantreibt. Ein Gespräch über kluge Strategien, nachhaltige Verantwortung und die Kunst, Wachstum mit Augenmass zu gestalten.

Interview: Birgitt Wüst, Bilder: Marco Blessano
(erschienen in Immobilien Business 09/2025)

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Frau Seiler – Sie sind seit etwas mehr als einem Jahr CEO der Pensimo
Management AG. Seither haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändert: Das inzwischen wieder niedrigere Zinsniveau gibt «Rückenwind» für die Immobilienmärkte. Wie erleben Sie das aktuelle Marktumfeld?
Sie haben recht mit den Zinsen: Der Anlagebedarf der Pensionskassen ist generell hoch und einige unserer Investoren haben die Immobilienquoten aufgrund der tiefen Zinsen kürzlich erhöht. Eine solche Erhöhung kann schnell einen Investitionsbedarf in Immobilien von mehreren Milliarden Franken auslösen. Mit Blick auf das aktuelle geopolitsche und wirtschaftliche Umfeld gehe ich aber davon aus, dass die in diesem und wohl auch noch im kommenden Jahr eher verhaltene Konjunktur den Anlagebedarf etwas ausbremst. 

Gleichwohl nimmt mit den Senkungen der Leitzinsen die Attraktivität von Immobilieninvestments zu – und auf einem begrenzten Markt wie der Schweiz wohl auch der Wettbewerb unter den Investoren. Kauft die Pensimo für die von ihr verwalteten Anlagevehikel derzeit weiter zu?

Wir prüfen alle spannenden Angebote, die unseren Anlagekriterien entsprechen. Und ja, in den letzten Wochen sind wir einige Male bei Bestandsliegenschaften überboten worden und kamen nicht überall zum Zug. Wo wir dagegen erfolgreicher sind, sind grosse Entwicklungsareale und vielversprechende Umnutzungsprojekte. Bei solchen Projekten können wir die Konkurrenz dank unserem internen Know-how zu Arealentwicklung und Umnutzung da und dort ausstechen. Zudem haben wir dank unserer Reputation als einer sehr verantwortungsvollen Investorin einen Vorteil in den Gesprächen mit Gemeinden und Städten: Man vertraut uns mehr als den Mainstream-Asset-Managern.

Worin liegt das Ihrer Ansicht nach?

Pensimo investiert vorwiegend die Gelder der beruflichen Vorsorge, die Anlagestrategie ist daher grundsätzlich sehr langfristig ausgerichtet. In einem so volatilen geopolitischen und konjunkturellen Umfeld wie heute muss man sagen «zum Glück»! Wir sind sehr nahe an unseren wichtigsten Anlegern, die gleichzeitig unsere Aktionäre sind. Das ermöglicht uns eine bessere Planung und Steuerung des Kapitals sowie des Anlageprozesses. Asset Manager, die zu weit weg von eigenen Investoren sind, sind dem Markt und dem Zinsumfeld stärker ausgesetzt.

«Pensimo investiert Gelder der beruflichen Vorsorge, die Anlagestrategie ist daher grundsätzlich sehr langfristig ausgerichtet – zum Glück!»

Heisst konkret?

Je nach Marktlage fehlt es ihnen abwechselnd entweder an frischem Kapital oder an bezahlbaren Investitionsobjekten. Sie müssen mit mehr Fremdkapital agieren, das eine zusätzliche Risikokomponente für die Investoren darstellt. Die Pensimo kann smarter und auch antizyklisch agieren – was in der Regel in einer guten Performance resultiert. Hinzu kommt, dass wir nur sehr tiefe Geschäftsführungshonorare belasten: Während die «Mainstream-Asset‑Manager» zwischen 40 und 60 Basispunkte fordern, zahlen unsere Schweizer Stiftungen nur circa 3 bis 4 Basispunkte – entsprechend steht die Performance unserer Produkte nahezu voll unseren Anlegern zu. Wir müssen auch nicht sehr auf den Leverage-Effekt setzen: Wir verwenden Fremdkapital nur operativ, und haben schon von daher ein deutlich tieferes Risikoprofil als höher geleveragte Produkte. Das ist auch genau das, was die meisten Pensionskassen möchten: Eine reine Immobilien-Exposure, möglichst wenig Fremdkapital und entsprechend weniger Abhängigkeit von allfälligen Zinsschwankungen.

Die Pensimo investiert für mehrere Anlagestiftungen im In- und Ausland. Unterscheiden sich die Strategien?

Ja sicher: In der Schweiz sind wir nur direkt investiert, im Ausland verfolgen wir primär eine Multimanager-Strategie. Teilweise unterscheiden sich die Anlagen auch im Risikosegment sowie in den Sektoren. Während wir uns in der Schweiz ausschliesslich auf den Core und Core-Plus Bereich und hauptsächlich auf Wohnen fokussieren, sondieren wir für unsere Produkte im Ausland ein breiteres Spektrum an Investitionsmöglichkeiten, etwa in Sektoren wie Studenten- und Alterswohnen oder Self-Storage, Logistik, etc., das heisst, bei unseren Auslandsprodukten gibt es neben den etablierten Anlagevehikeln mit Core- und Core-Plus-Strategien auch Produkte, die im Value-Add bis opportunistischen Bereich investiert sind und höhere Renditen anstreben.

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Warum nicht auch in der Schweiz?

Für solche Strategien gibt es hier zu wenig Potenzial. Die Auslandsinvestments bieten daher eine sehr gute Diversifikationsmöglichkeit zu dem etwas einseitigen Schweizer Immobilienmarkt.

Planen Sie aktuell Kapitalerhöhungen?

(lacht) Ja sicher! Wir haben in diesem Jahr bereits einiges an Kapital eingesammelt und planen im Herbst noch die eine und andere Emission.

In welchem Volumen werden sich Kapitalerhöhungen bewegen?

Insgesamt sprechen wir hier für die Schweizer Produkte von rund 400 Millionen Franken im laufenden Jahr – das deckt jedoch gerade die geplanten CAPEX-Investitionen, Neubauten und Sanierungen. Zusätzlich wird auch in den Auslandsprodukten aktuell über 100 Millionen an frischem Kapital investiert. Im Fall von grösseren Akquisitionen werden wir die Kapitalplanung nochmals anpassen.

Welche Marktsegmente sind aus Ihrer Sicht derzeit in der Schweiz am attraktivsten?

In der Schweiz ist heute noch klar Wohnen das Hauptanlagesegment – und im Rendite-Risikoprofil auch am attraktivsten.

Denken Sie, dass dies so bleiben wird? Mit Blick auf die zunehmende Regulierungsfreudigkeit der Politik?

Wir versuchen unser Bestes, um die Reputation der institutionellen Investoren bei den Mietern wieder ins positive Licht zu rücken. Wir gehen immer sehr verantwortungsvoll mit den Mietern um, machen praktisch keine Leerkündigungen, vermieten keine überteuerten «Business Appartments». Solche Anlage-Opportunitäten lehnen wir ab und fokussieren uns primär auf Familienwohnungen; zudem haben wir eine Anlagegruppe, die ihre Strategie auf preisgünstigen Wohnraum ausrichtet. Allerdings beobachten wir die Diskussionen zur weiter verschärften Regulierung ganz genau und passen unsere Überlegungen zum Risikoprofil teils an.

Wo sehen sie die besten Chancen für Immobilieninvestments in der Schweiz? In Metropolen oder im Umland?

Wir sehen das Potenzial vor allem in der Entwicklung von grösseren zusammenhängenden Arealen. Solche sind in den Metropolen rar, doch in den gut erschlossenen Agglomerationen da und dort noch zu haben. Bei der Arealentwicklung haben wir grösseren Handlungsspielraum als bei Einzelprojekten: Hier können wir beispielsweise von lokaler, nachhaltiger Energieversorgung und Biodiversität bis zum optimalen, lebendigen Nutzungsmix und guter sozialen Durchmischung alles aktiv gestalten. Ausserdem sind es oft die Subzentren, die uns als verlässlicher Investorin wohlwollend begegnen – hier verlaufen die Bewilligungsverfahren effizienter.

Sind Investments in Subzentren nicht mit Herausforderungen verbunden?

In den Subzentren muss man sehr smart agieren. Die Mieten sind moderat und die Baukosten gleich hoch wie in den Städten. Auch der optimale Nutzungsmix ist oft eine Herausforderung, da die Erdgeschossnutzungen und die Gewerbebauten nicht gleich populär sind wie in den Zentren, und meistens nur voll ausgebaut nachgefragt werden. 

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Sind die schon bestehenden und ggf. noch weiter zunehmenden Regulierungen des Immobilienmarktes ein Grund, bestimmten Regionen den Vorzug bei Investments zu geben?

Die Stadt und der Kanton Zürich, wo 2025 und 2026 Abstimmungen anstehen, werden die Attraktivität als Investmentstandort langfristig sicher behalten. Wir investieren immer noch in Lausanne oder in Genf, auch wenn die lokale Regulierung gewisse Komplikationen in der Bewirtschaftung von Wohnliegenschaften mit sich bringt. Allerdings setzen wir uns als Mitglied im VIS Verein Immobilien Schweiz aktiv mit den Zürcher Wohnbau-Initiativen auseinander. Der VIS hat in diesem Sommer Kampagnen initiiert und ein Argumentarium gegen diese Initiativen vorbereitet. Ich persönlich hoffe für die Zürcher Mieter und Mieterinnen, dass wir diese teuren und nutzlosen, weil mit Blick auf ihr Ziel kontraproduktiven Initiativen noch abwenden können.

Manche Asset Manager haben angesichts des unklaren Ausgangs der
Abstimmungen strategische Vorkehrungen getroffen, zum Beispiel die Begründung von Stockwerkeigentum bei bestehenden Zürcher Wohnliegenschaften. Eine Option auch für die Pensimo?

Nein – für die Pensimo kommt dies nicht in Frage. Wir sind nicht auf kurzfristige Rendite aus, sondern investieren langfristig. Zudem verstehen wir das Bereitstellen von Wohnraum für die Schweizer Bevölkerung als eine unserer Aufgaben.

Werfen wir einen Blick auf die aktuellen Projekte der Pensimo: Im Agglomerationsgürtel von Zürich, im entstehenden neuen Stadtquartier Zwhatt in Regensdorf, investiert die Pensimo gleich für mehrere Anlagestiftungen. Wie kommt das Vorhaben voran?

Das ist ein sensationelles Projekt – in zwei Etappen entstehen nahezu 700 Wohnungen und 15.000 Quadratmeter Gewerbefläche. Mit dem Fortschritt sind wir sehr zufrieden. Die erste Etappe können wir im bereits im nächsten Jahr abschliessen: Das Baufeld H1 mit Längsbau und dem ersten Hochhaus, sowie ein Teil des Baufelds G mit Querbau und Gewerbebau sind fertiggestellt. Das zweite Hochhaus auf diesem Baufeld wird Ende 2026 fertig. In der zweiten Etappe – derzeit noch in der Projektphase – wollen wir bis 2030 weitere 230 Wohnungen und 3.000 Quadratmeter Gewerbefläche errichten.

Wie entwickelt sich die Nachfrage?

Die Nachfrage nach den Wohnungen ist sehr gut. Der Längsbau mit 31 preisgünstigen Wohnungen ist vollvermietet, der Querbau mit 62 Wohnungen wird im Oktober bezogen und war im August zu 95 Prozent vermietet. Das erste Hochhaus mit 155 Wohnungen wurde ab August an die Mieter übergeben und ist bereits zu 79 Prozent vermietet. Bei den grösseren und leicht teureren Wohnungen dauert es etwas länger. Die Vermietung des zweiten Hochhauses mit 165 Wohnungen starten wir im Herbst.

Und die Gewerbefächen?

Die Vermarktung der Gewerbe- und Büroflächen auf dem Areal bleibt vorerst herausfordernd, weil das Angebot in und um Regensdorf sehr gross ist. Sie machen jedoch rund 20 Prozent am gesamten Flächenangebot aus; wir müssen sie etappieren und schrittweise vermarkten.

Stehen die Projekte der einzelnen Anlagestiftungen in Konkurrenz?

Das versuchen wir bestmöglich zu verhindern. Die Teilareale werden unterschiedlich etappiert und bieten verschiedene Angebote an Mietflächen, im Bezug auf Standard, Ausstattung und Typologie respektive Grösse. Auch sprechen wir mit jedem Gebäude unterschiedliche Zielgruppen an.

In Aarau wird derzeit für die Anlagestiftung Turidomus das Hotel «Aarauerhof» saniert. Betritt die Pensimo mit dem Kauf einer Betreiberimmobilie nicht Neuland?

Der Aarauerhof kam zu uns via Sacheinlage – als Umbau und Aufstockungsprojekt. Wir haben bereits den Pachtvertrag für 20 Jahre mit Verlängerungsoptionen mit einem renommierten internationalen Betreiber, der The Chocolate on the Pillow Group, abgeschlossen. Aus dem Aarauerhof wird neu das Moxy Aarau. Durch die Gestaltung des Pachtvertrages und die hohe Reputation sowie gute Bonität des Betreibers können wir die Risiken teils mitigieren. Zudem sind Betreiberimmobilien für uns kein Neuland. Mit unserem Flex-Office-Konzept «Orbiz» haben wir an zwei Standorten in Zürich und an einem Standort in Basel erfolgreich Betreiberkonzepte etabliert und halten auch einige Alterswohnen-Liegenschaften. Sie haben aber recht, wir haben ansonsten keine anderen Hotels in unseren Schweizer Produkten.

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Planen Sie weitere Investments in Betreiberimmobilien?

Der Aarauerhof bleibt als Hotel vorerst eine Ausnahme, doch für das Flex-Office-Konzept Orbiz kämen für uns weitere Standorte in Betracht. Auch für Alterswohnen und Studentenwohnen gibt es auf dem Markt noch zu wenig Angebot – auch hier können wir uns weitere Investments vorstellen.

Wie unterscheiden sich die Renditeanforderung bei Betreiberimmobilien und bei «klassischen» Investments? Sehen Sie hier zusätzliches Ertragspotenzial?

Die Rendite bei Betreiberimmobilien ist in der Regel um circa 80 bis 200 Basispunkte höher als bei herkömmlichen Wohn- oder Büroliegenschaften ohne ein Betreiberkonzept. Bei risikoreichen Konzepten kann die Differenz sogar noch höher ausfallen. Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, dass in der Bewertung konservativere Annahmen nach dem Ablauf des Pachtvertrags getroffen werden, wie beispielsweise eine tiefere Miete pro Quadratmeter oder eine höhere CAPEX für eine Wiedervermietung an einen neuen Betreiber. Zusätzlich sind die laufenden Betriebs- und Unterhaltskosten oft deutlich tiefer, da der Betreiber einen grossen Teil dieser Kosten übernimmt. Darüber hinaus werden in den Bewertungen der Betreiberliegenschaften höhere Diskontierungszinssätze angewendet.

Im Ausland scheint sich ein neuer Trend abzuzeichnen: Von der Immobilie als Ware – gemeint ist das reine Vermieten von Flächen –, zur «Immobilie als Dienstleistung». Erwarten Sie in der Schweiz eine ähnliche Entwicklung?

Im Bürobereich – im Ausland nach wie vor das Hauptanlagesegment – sehen wir diesen Trend auch. Für die Vermietung von Büroflächen muss man sich heute schon etwas mehr einfallen lassen, als dies früher der Fall war. Die klassische Rohbau-Miete gibt es fast nicht mehr. Je weiter vom Stadtzentrum und je weiter vom Infrastruktur-Angebot eine Liegenschaft entfernt ist, desto wichtiger sind die Services im Gebäude vor Ort. Von verschiedenen Ausbauten wie Fitness und Kantine bis hin zu ganzen Stockwerken an Flex-Office, welche die bestehenden Mieter bei Bedarf hinzumieten können. Auch deswegen haben wir unser Orbiz ins Leben gerufen.

Wie sehen Ihre Ziele für die Pensimo für die kommenden Monate aus?

Ich sehe es als Aufgabe von Pensimo, dem Anlagebedarf unserer Pensionskassen nachzukommen. Die aktuelle Zinssituation deutet auf ein Wachstum in den nächsten Quartalen hin. Entsprechend möchten wir in Bestand, in unsere Entwicklungsareale aber auch in geeignete Akquisitionen investieren. Gleichzeitig möchte ich den innovativen Spirit des Unternehmens weiter fördern. Wir haben eine neue Digitalisierungsstrategie, die wir umsetzen wollen, um unsere Prozesse durchgehend digital zu gestalten. Und nicht zuletzt: die ESG-Roadmap ist sehr gut unterwegs und die gilt es weiter umzusetzen. Nicht nur für unsere Portfolios, sondern auch für unsere operativen Gesellschaften.

Der Artikel ist in Immobilien Business 09-25 erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung zur Publikation.

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